Der Künstler als Chronist und Illustrator



   

   In der Grafik war neben der Zeichnung das Aquarell die von Dill bevorzugte Technik. Sie erlaubte „dem Künstler […], sich viel unmittelbarer, viel leichter als im Oelbild auszusprechen, und [besass] den weiteren Vorzug […], dass man den Duft der Dinge, ihre leuchtenden Farben, ihre vibrierende Bewegung noch reiner als in der Oeltechnik wiedergeben konnte, die immer etwas Materielles, Sauciges behält.“

 

   Diese Leichtigkeit und Unmittelbarkeit in der Darstellung verhalf auch der Karikatur  zu immer grösserer Bedeutung. „Bisher war die Graphik nur das Dienstmädchen im grossen Reiche der Kunst gewesen. Man hatte sie zu ödem Frondienst verdammt, zur geistlosen Reproduktion ganz anders gearteter, in anderer Technik geschaffener Werke.“ Doch mit den ersten französischen Satirezeitschriften um 1830 änderte sich deren Stellwert komplett. Die Karikatur und Bildsatire  avancierten zum vielgefragten, bürgerlichen Konsumgut und beeinflussten dergestalt die Entwicklung der Malerei im 19. Jahrhundert nachhaltig. Nicht nur erweiterten sie den Themenkatalog und die Stoffkreise der Kunst, sondern ermöglichten vielen jungen Künstlern den Einstieg in den Beruf – auch Emil Dill – und verhalfen gar manchem zu initialer Bekanntheit.


   Dill profilierte sich durch seine Illustrationen einerseits, indem er äusserst versiert das globale Zeitgeschehen – das fernöstliche als einer der Ersten hierzulande – dokumentierte, und andererseits inkorporierte er innovative Gestaltungselemente in seinen Arbeiten, die als veritable Erkennungsmerkmale  
der Moderne deren Genese vorwegnehmen. Das Interesse am globalen Zeitgeschehen, an fremdländischen Kulturen und deren Erzeugnissen war gross. Auch das Bürgertum partizipierte enthusiastisch, was der allgemeinen Rezeption und Akzeptanz neuartiger Ideen und Produkte enorm zuträglich war.

 

 

In einer nervösen sensitiven Zeit, der das altmodische Glück, Zeit zu haben, abhanden gekommen, musste auch die Kunst ihren Telegrammstil sich bilden. […] Den graphischen Künsten aber war damit ein ungeahntes Schaffensgebiet eröffnet, […] die prickelnde Handschrift des Künstlers ganz unverfälscht, ohne jeden Abzug […] wiederzugeben.

                                                                                                                Richard Muther 1901